Frauen gelten in der Regel als harmonieorientierter und konfliktvermeidender als Männer.
Ob das generell so ist vermag ich nicht zu sagen, habe aber in fast 25 Jahren Familienrecht die Erfahrung gemacht, dass meine Mandantinnen nach einer Trennung vermehrt Schwierigkeiten in der Auseinandersetzung mit einem radikaler und dominanter agierendem Partner haben . Daher entwickeln sich fast immer ähnliche Herausforderungen, die einem höflicheren und meist auch klügerem Menschen das Leben schwer machen
Damit Ihr Euch zumindest dafür sensibilisiert und Manipulationen nicht nur erkennen lernt, sondern Euch schützen könnt , möchte ich einige der „Klassiker“ in der Kommunikation hier mit Euch erörtern:
1.Die Warum-Taktik
Bei dieser Taktik geht es nie um einen Diskurs über Standpunkte, sondern Ihr werdet durch ständige, nie aufhören warum – Fragen Argumentativ, völlig platt gemacht, bis ihr ein schlechtes Gewissen entwickelt, insbesondere wenn diese warum-Fragen mit völlig unstreitig Tatsachen kombiniert werden. Beispielsweise möchte euer Ex, was ihr aus welchen mehr oder weniger vernünftigen Gründen einfach nicht möchtet. Zum Beispiel das Umgangswochenende tauschen, die Kinder jeden Abend vor dem schlafengehen anrufen und eine Geschichte am Telefon vorlesen oder dass ich jederzeit ans Telefon geht, wenn Ex das möchte.
Kriegt Ex seinen Willen nicht sofort, fangen die Vorwürfe an. Aber nicht als Vorwurf formuliert, sondern als Warum- Frage:
Warum willst du den Kindern in den Vater einziehen?
Warum darf ich keinen Kontakt zu den Kindern haben?
Warum ignorierst du die Interessen der Kinder?
Warum nimmst du mir meine Rechte?
Ein innerer Zusammenhang zwischen dem warum und der daran angehängten Behauptung existiert in der Regel nicht. Du willst ja schließlich den Kindern nicht den Vater erziehen oder ihn aller seiner Rechte berauben, sondern nur gerade das Wochenende nicht tauschen oder nicht bei Aldi an der kasseste den dritten eher sinnbefreiten Anruf von Ex beantworten, aber das zählt alles nicht!
Durch das ständige anklagende „Warum“ gerätst du nur in Erklärungsnot, da keine deiner Erklärungen Ex jemals zufrieden stellen wird und – wie bei kleinen Kindern- nur einen endlosen Schwanz von weiteren Warum- Fragen oder eine ständige Wiederholung der gleichen Fragen nach sich zieht.
Verabschiedet dich daher gleich von jeglich Erklärungs- oder Rechtfertigungzwang und Steig bloß nicht in die Diskussion ein, da sie erst ein Ende finden wird, wenn du nachgegeben hast, weil du die 100. Wiederholung der gleichen Fragen einfach nicht mehr ertragen hast.
Sinnvoll und effektiver es eher auf die gleiche Art und Weise zu antworten;
Zum Beispiel mit einem schlichten „Darum“. Was zur Not auch einige Male wiederholt werden kann.
Schließlich willst du nicht eine Rhetorik-Wettbewerb gewinnen, sondern nur dein Frieden retten.
2. Die Überrumpelung-Taktik
Wie in allen Beziehungen sind auch getrennte Paare, nicht immer einer Meinung. Dennoch bleibt die Notwendigkeit nach dem gemeinsamen Austausch, wenn man zusammen Kinder hat.
Nicht jede/r Ex ist in der hohen Kunst der Konsensfindung begabt oder versucht diese überhaupt auch nur zu erlernen. Möglicherweise zu Unrecht verlassen und/oder verletzt, sieht der ehemalige Partner in erster Linie seinen eigenen Bedürfnisse und das eigene Ich.
Ein typischer Klassiker ist insoweit, die fehlende Bereitschaft, regelmäßig und übereinstimmt, getroffene Umgangskontakte einzuhalten oder überhaupt zu vereinbaren. Meist kommt kurz vorher ein Anruf oder eine Mitteilung mit dem Inhalt, dass man gleich/in 1 Stunde/heute Abend die Kinder abholt und zum Zeitpunkt X zurückbringen wird. Dass die Kinder vielleicht am nächsten Tag Schule oder einen Zahnarzttermin haben oder sogar bereits schon für den Nachmittag verabredet, sind interessiert in der Regel nicht. Höfliche Elternteile bitten dann diverse Male um vorherige und rechtzeitige Absprache, passieren tut in der Regel aber nichts.
Alternativ holt Ex das Kind auch gerne 1 Stunde vor dem vereinbarten Umgang ab, weil seine Arbeitszeit dann vorher endet und er vorher aber keine Lust hat noch nach Hause zu fahren oder zu warten. Dabei ist es dann auch egal, wenn das Kind noch nicht gegessen oder seine Hausaufgaben noch nicht gemacht hat.
Wenn jemand eher weniger spricht, sondern einfach handelt, ist es wenig aussichtsreich argumentativ und höflich diese Person überzeugen zu wollen.
Bist du dann aber mit dem Kind nicht zu Hause und der andere steht vor Verlassen der Tür, wird er das spätestens nach dem zweiten Mal verstanden haben.
3. Illusory Truth Effect oder simpel: die Schallplatten-Technik
Das menschliche Gehirn reagiert auf Wiederholungen. Durch das ständige wiederholen von Inhalten werden diese tief in uns verankert. Diesen Effekt hat man sich als Schüler nicht nur beim Vokabeln lernen oder in der Werbung zu Nutze gemacht, sondern auch in der Politik ist es durchaus üblich auch nachweisliche Unwahrheiten so lange zu wiederholen, bis Menschen es als Wahrheit oder Tatsache empfinden. Ein Paradebeispiel dafür sind die Interviews und Fernsehauftritte von Donald Trump, der Unwahrheiten am laufenden Band so lange dreist wiederholt, bis die Menschen sie glauben.
Dabei ist wichtig, dass die Behauptungen theoretisch aber stimmen könnten, damit eine Verunsicherung eintritt. Ganz offensichtliche Unwahrheiten wie die Existenz von pinken Hasen Oder blauen Elefanten in der Natur zu behaupten funktioniert nicht.
Bereits in einer bestehenden Beziehung wird diese Technik manchmal schon zu großem Schaden eines Partners eingesetzt. So höre ich oft von meinen Mandantinnen,dass sie dick, unattraktiv, dumm unsportlich oder sonstwas sind, weil die Partner es in der Beziehung so lange wiederholt haben, bis diese es glauben.
Dies ist jedoch kein geschlechterspezifisches Phänomen, da es ausreichend Männer gibt, die von ihren Partnerinnen über Jahre gesagt bekommen haben, dass sie unattraktiv, dumm, faul und erfolglose Versager sind und alles falsch machen. Bis sie es letztendlich glauben.
Diese Technik wird auch oft angewendet, um den Partner am Anfang der Beziehung schon zu isolieren, damit man mehr Macht über ihn gewinnt.
Ganz typisch ist die Behauptung, dass die Freunde Dir nicht gut täten, einen schlechten Einfluss hätten oder die Familie/Freunde was gegen dein Partner hat oder Dir die Beziehung nicht gönnt.
Was schade ist, da diese Behauptungen so gut wie nie stimmen und nur die Funktion haben das Selbstbewusstsein des Partners oder der Partnerin zu zerstören, damit man entweder Macht über sie gewinnt und/oder sein eigenes, schlechtes Selbstwertgefühl kurzfristig durch ein solches Verhalten aufpäppeln kann.
Nach der Trennung gilt das Gleiche, meist nur mit gesteigerter Intensität:
„ Du hast alles kaputtgemacht!“
„ Du denkst nur an dich und nicht an die Kinder!“
„ Du willst mich nur fertig machen!“
„ Du bist schuld an der Trennung/ sämtlichen Problemen/ an der finanziellen Misere/ der Atombombe/ der Erdölknappheit/ dem Ukraine-Krieg /*** ( Passendes bitte einsetzen!)“
Hörst Du eine solche Behauptung mehr als einmal, fang bitte auf gar keinen Fall an intensiv darüber zu grübeln ob das vielleicht zutreffend sein könnte, sondern erkenne sofort die Manipulation, wenn Du selbst nach kurzer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt bist, dass die behauptete Tatsache so nicht stimmt.
Zum einen ist es vom Grundsatz her schon nie so einfach, dass nur einer an einem Missstand in der Beziehung oder dem Zerfall einer solchen Schuld trägt, zum anderen werden diese Vorwürfe insbesondere oft von Partnern geäußert, die stark narzisstische Tendenzen aufweisen oder sogar gewalttätig sind.
How to:
Hilfreich ist es, die Tatsache der Manipulation laut für sich auszusprechen.
Es funktioniert so ähnlich wie beim Gebet oder Affirmationen:
Was du Dir laut und selbstbewusst sagst, macht es Dir so richtig deutlich. Also: “ Ich kenne meine Wahrheit und weiß, dass er mich nur manipulieren will“.
Hilft das nicht, kannst du es auch gut mit einer neuen Wahrheit verbinden , wodurch Du Dich doppelt schützt.
Das kann dann so etwas sein wie:
„Ich bin eine gute Mutter und schütze mich und meine Kinder. Ich zeige meinen Kindern, dass ich mich nicht unter Druck setzen lasse. Dadurch bin ich ein wichtiges Vorbild für meine Kinder und sie können von mir lernen“.
Leider bleibt es so, dass Du viel Geduld und Durchhaltevermögen brauchst, um Dich in diesen Situationen zu behaupten, aber wenn Du das als wertvolles Training für Deinen Durchhalte-Muskel betrachtest, wirst Du schnell Fortschritte bemerken und auf Dich stolz sein.
Niemand darf beurteilen, was für Dich richtig ist!
Triff Deine Entscheidung und sei stolz auf Dich.